(Teil 1)
… nun, im Zusammenhang mit Brillen kann dies vor allem eine Anspielung auf die technische Errungenschaft der fotochromen (fototropen) Gläser sein: Fotochromie (von griech.: phos = Licht, chroma = Farbe) wird gemeinhin definiert als eine durch Licht induzierte reversible (umkehrbare) Farbänderung. Durch die seit einigen Jahrzehnten bekannten und populär gewordenen fotochromen (selbsttönenden) Brillengläser, die sich bei Einwirkung von Sonnenlicht dunkel färben und im Schatten wieder aufhellen, ist dieses Phänomen heute weithin geläufig. Die chamäleonartige Anpassung der Glastönung an die äußeren Lichtverhältnisse erscheint durchaus faszinierend, und es wundert nicht, dass die ersten Produkte dieser Art auf dem Markt als sensationell empfunden wurden.
Im deutschen Sprachraum, speziell im Optiker-Gewerbe, werden fotochrome Gläser vornehmlich als fototrope Gläser bezeichnet bzw. die entsprechende Erscheinung als Fototropie (fototrop = lichtwendig). Ich werde im Folgenden beide Bezeichnungen synonym verwenden. In der Wissenschaft (Chemie) und auch im anglo-amerikanischen Sprachraum wird die korrektere Bezeichnung „fotochrom/Fotochromie (photochromic/photochromism)“ generell vorgezogen, offenbar deswegen, weil der Begriff „fototrop“ noch mit einer anderen Bedeutung belegt ist: In der Biologie (Botanik) werden Pflanzen als fototrop bezeichnet, die sich beim Wachstum dem Licht zuwenden (entgegen krümmen = positiv fototrop) oder abwenden (negativ fototrop). Das Begriffspaar fotochrom/Fotochromie wäre daher in Verbindung mit (Brillen-)Gläsern die richtige und zutreffendere Bezeichnung, aber bekanntlich sind „historisch gewachsene“ und längst eingebürgerte Begriffe nicht mehr auszurotten.
Fotochrome Systeme sind in der Natur weit verbreitet, und es existiert eine Vielzahl chemischer Verbindungen, die fotochrome Eigenschaften aufweisen. Schon 1975 wurde berichtet, dass die Erwartungen in die Anwendung solcher Materialien sehr hoch waren und die Industrie in den USA und Europa (sowie diverse US-Regierungsstellen) bereits viele Millionen Dollar für entsprechende Forschungen aufgewendet hatten. Seitdem sind die Forschungsbemühungen noch deutlich verstärkt worden, und auch die Fach- und Patentliteratur auf diesem Gebiet ist immens gewachsen. Neue fotochrome Systeme wurden entdeckt, zahllose wissenschaftliche Artikel verfasst und internationale Symposien über Fotochromie abgehalten. Natürlich blieben auch die fototropen Brillengläser nicht vom unaufhaltsamen Fortschritt verschont, intensive langjährige Forschungen haben hier immer ausgereiftere Produkte entstehen lassen und teils erstaunliche Ergebnisse hervorgebracht. In der Folge werde ich etwas ausführlicher auf fototrope „anorganische“ Mineralgläser bzw. „organische“ Kunststoffgläser eingehen, deren fotochrome Systeme auf völlig unterschiedlichen Chemismen beruhen.
Fortsetzung folgt …
© Ralf J. Binnewirtz
Freitag, 11. Juni 2010
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